"Sanft nahm ich Haralds Hand in meine und zog sie von meinem Oberarm auf das Bettlaken. Ich umschloss seine Knie, hielt sie fest und zog sie langsam weg von meinem Rücken. Harald atmete ruhig weiter. Langsam erhob ich mich, ließ seine Beine aber nicht los. Mit einem leisen Seufzer öffnete Harald seine Augen einen kleinen Spalt. Er griff in die Luft, fand meinen Unterarm und hielt ihn fest. Die Innenseite seiner Handfläche direkt an meiner Pulsader. Instinktiv tat ich es ihm nach. Unsere Hände ineinander verschlungen, durchbrach mich die Intensität der Berührung wie eine gewaltige Welle, die mich erschaudern ließ.
Wir hielten diese Position fest wie die Ewigkeit. Ich driftete ab, konzentrierte mich allein auf die Berührung und alles um mich herum verschwand im Nichts.
Dann, ganz langsam entzog ich mich seinem Griff, der in seiner Kraft nicht nachließ. Bedächtig zog ich meinen Arm in die Höhe, befreite Finger um Finger und ließ seinen Arm dabei sanft auf die Bettdecke sinken. Ich verabschiedete mich ohne Worte, stand nur da und ließ meinen Blick noch für ein paar Sekunden auf Harald ruhen, bevor ich das lichtdurchflutete Zimmer verließ.
Harald hatte mir einen Einblick in seine Welt gegeben. Es machte mir keine Angst. Diese Zwischenwelt war mir vertraut. Das Leben hatte sich verdichtet."
aus: Harald und das Leben im Sterben, Kapitel 10
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