Über Mich

Am Anfang war es Faszination, jetzt ist es eine tiefe Herzensangelegenheit mit der ich die Themen Sterben, Tod und Trauer in die Gesellschaft tragen möchte. Ich verstehe mein Wirken auch als Aufklärungsarbeit. Denn durch die Beschäftigung mit der Endlichkeit komme ich in Kontakt mit dem Leben selbst.
Johanna Klug
Ich war 16 Jahre alt, als ich das erste Mal einen toten Menschen fand. Peter gehörte nicht ins Altenheim, war aber durch seine Vorgeschichte aus Alkohol und Drogen auf eine Langzeitpflege angewiesen, sodass er mit seinen 50 Lebensjahren neben Senioren sein Dasein verleben musste. Angehörige hatte er keine oder sich diese von ihm abgewandt. Manchmal scherzte er mit den Pflegekräften bei einer Zigarette, doch meistens lag ein Ausdruck tiefer Unzufriedenheit auf seinem Gesicht. In diesem Altenheim arbeitete ich. Meistens übernahm ich die Frühschicht, bereitete das Frühstück zu und verteilte es unter den Bewohner:innen.

Über den ausgewaschenen Klamotten trug ich eine weiße Schürze, an der man bereits um 7 Uhr die Frühstückswünsche der Bewohner:innen ablesen konnte. In den Händen hielt ich ein Tablett, darauf ein Marmeladentoast und ein Schnabelbecher gefüllt mit Kaffee.

Die Tür zu Peters Zimmer war wie immer offen und ich ging direkt durch den kurzen Durchgangsflur, stellte das Tablett ab und drehte mich um. Da erst fiel mir die Blutlache auf dem Boden auf, über die ich ein paar Sekunden vorher unbemerkt gestiegen war. Mein Blick strich von dem angetrockneten Blut auf dem Boden zu dem stark gewölbten Vorhang, der den Flur von dem kleinen Bad abtrennte. Ich flüsterte den Namen von Peter und wusste doch, dass ich vergebens auf eine Antwort warten würde.

Ich war gefangen in dieser Situation, die mir bereits, wie eine Ewigkeit vorkam. Vorsichtig schob ich den Vorhang beiseite. In einer zusammengekauerten Embryo ähnlichen Haltung lag Peter da. Das eingetrocknete Blut an Kopf und Gesicht, die offenen Augen, die ins Leere starrten, ließen keinen Zweifel an der Endgültigkeit seiner Situation. In der Nacht hatte sich der Tod in das Leben von Peter geschlichen. Die spätere Diagnose der Ärzte lautete: Schlaganfall auf der Toilette. 

Ich war 16 Jahre alt, als ich das erste Mal einen toten Menschen fand."
Johanna Klug

Ein bisschen mehr zu mir

Wer jetzt vielleicht denkt, ob ich nichts anderes mache, als mich 24/7 mit Sterben und Tod auseinanderzusetzen, hat recht. Tatsächlich beschäftige ich mich fern von Lesungen, Presseauftritten und neuen Sterbebüchern viel mit der Endlichkeit. Oft werde ich deswegen auch als „morbide“ bezeichnet, worüber ich nur lachend den Kopf schüttel, wenn ich z.B. an meine bunten Second Hand Klamotten aus der ganzen Welt denke. Ein selbst geschnitzter Totenschädel steht dennoch in meinem Zimmer. Ich liebe es zu reisen, zu schreiben und vor allem Zeit mit meiner Familie und engen Freund*innen zu verbringen. Mit mir kann man aber nicht nur gut über den Tod und die Angst davor sprechen, sondern auch ganz generell – wer hätte das gedacht?
Ich bin für ziemlich viele Themen zu begeistern und immer neugierig Neues zu erfahren. Das Leben ist ein Abenteuer. Der Tod ist es für mich auch.
"Ihre Arbeit ist auch ein Protest gegen die Konsumgesellschaft"
welt.de
Presse Illustration
crossmenu